Mein Baum, mein Wald!

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Foto: © U. J. Alexander/stock.adobe.com

Energien tanken und das Immunsystem beim Waldbaden stärken

Auch nach der Coronakrise bietet unser Wald einen ausgezeichneten Rückzugsraum. Endlich mal abschalten, die mediale Berichterstattung rund um das hoch ansteckende Virus und die Sorgen sowie Ängste vor einer Virusinfektion hinter sich lassen. Bei einem Waldspaziergang können wir komplett entspannen. Das fällt uns leicht, weil wir Deutsche traditionell eine enge Bindung zu Fichte, Buche & Co. Haben. Seit Jahrhunderten besingen, malen und beschreiben wir den deutschen Wald – ganz gleich ob die Künstler Johann Wolfgang von Goethe oder Caspar David Friedrich heißen. Jetzt ist vor kurzem der japanische Mediziner Qing Li bei uns in Deutschland zu Besuch gewesen und hat uns im Münchener Englischen Garten sogar erklärt, dass ein Spaziergang im Wald nicht nur subjektiv gut tut, sondern das Immunsystem nachhaltig stärkt. Der Gesundheitsexperte muss das wissen, schließlich gilt er als Erfinder des sogenannten „Shinrin Yoku“, was auf Deutsch so viel wie „Ein Bad in der Atmosphäre des Waldes nehmen“ bedeutet. Aber wie macht man das? Und wie wirkt das?

Entschleunigung mit allen Sinnen

Beim Waldbaden versucht man während des Spazierganges alle Sinne zu öffnen – man soll spüren und wahrnehmen, ohne allerdings dabei eine Liste mit Punkten abzuarbeiten. Es ist zum Beispiel wichtig, sich Zeit zu lassen und Pausen einzulegen, wenn man den Wunsch danach verspürt. Die ehrgeizige Jagd nach Geschwindigkeits- oder Kilometerrekorden hat beim Waldbaden nichts verloren. Im Gegenteil: zwischendurch einfach einmal an einem duftenden Tannenzweig schnuppern oder über die raue Borke der Bäume streicheln, gehört zu den gesundheitsfördernden Effekten des „Im Wald sein“ dazu.

Natürliche Killerzellen steigen

Für viele Japaner zählt das Waldbaden inzwischen bereits zur allgemeinen Gesundheitsvorsorge, denn dass dabei der Blutdruck gesenkt und die Ausschüttung von Stresshormonen reduziert wird, ist heute nicht mehr umstritten. Auch in Europa wurden inzwischen zahlreiche Studien durchgeführt, die beweisen sollten, ob die wichtigsten körpereigenen Immunzellen, die sogenannten Natürlichen Killerzellen (NK), während eines Spazierganges durch den Wald aktiviert werden. Die Ergebnisse dieser Experimente zeigten stets, dass bereits nach nur einem Tag, den die Teilnehmer im Wald verbracht hatten, die Anzahl der Natürlichen Killerzellen oftmals um 30 % gestiegen waren. Am 2. Tag erhöhte sich dieser Wert sogar auf 50 %. Das bedeutet also eindeutig, dass sich die grüne Umgebung tatsächlich positiv auf das menschliche Immunsystem auswirkt.

Wald als Aromatherapie

Dr. Qing Li und sein Team sind der Meinung, dass das „Im Wald sein“ auf zwei verschiedene Arten Einfluss nimmt. Erstens findet eine Art Aromatherapie statt, bei welcher die sekundären Pflanzenstoffe, die in der Luft enthalten sind, eingeatmet werden und so die Aktivierung der NK ankurbeln. Zusätzlich bewirkt die Umgebung eine Entspannung der Psyche und auch das hat einen positiven Effekt auf unser Immunsystem.

An vielen Orten der Welt beschäftigen sich inzwischen Wissenschaftler mit der Heilkraft des Waldes. So bestätigt unter anderem auch eine Studie des Max-Planck-Institutes, dass Menschen, die in Waldnähe wohnen, eine gesündere Amygdala-Struktur aufweisen als andere. Dieser kleine Teil des Gehirns steuert unter anderem Angstgefühle und spielt bei der Verarbeitung von Stress eine wichtige Rolle. Zahlreiche Forscher sind sich einig, dass auch das ganz besondere Waldinnenklima mit den niedrigeren Temperaturen und der höheren Luftfeuchtigkeit einen positiven Einfluss auf die Gesundheit hat.
Jeder kann das Waldbaden ausprobieren. Wer in der Stadt wohnt, recherchiert im Internet, wo der nächste schöne Wald liegt. Wer aber seine Ferien im Osten Deutschlands verbringt, kann vielleicht einen Ab-
stecher zur „Hohen Schrecke“, einem großen Höhenzug in den Landkreisen Kyffhäuser und Sömmerda in Thüringen, machen. Hier wurde vor über 15 Jahren das einzigartige Naturschutzgebiet „Hohe Schrecke –Alter Wald mit Zukunft“ mit dem Ziel geschaffen alte Wälder zu erhalten. Das würde die Waldfans Johann Wolfgang von Goethe oder Caspar David Friedrich sicherlich begeistern.

Caterina Priesner & Stefan Raab

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