
Jeder findet seine Lieblingstouren, meint der bekannte Reiseautor Dieter Buck aus Stuttgart. Unsere Redaktion hat mit dem Wanderpapst aus Baden-Württemberg gesprochen.
aiL | Lieber Herr Buck, sind Sie eher ein Wandermuffel oder ein richtiger Wanderhirsch?
Dieter Buck | In meinen ersten zwei Lebensjahrzehnten war ich, wie wohl die meisten, eher ein Wandermuffel. Seither nähere ich mich dem Wanderhirsch.
aiL | Sie machen im Schnitt 80 bis 90 Wanderungen pro Jahr und sind damit über 1000 Kilometer an 52 Wochen unterwegs. Würden Sie sich als sportlich bezeichnen?
Dieter Buck | Sportlich nicht im Sinne von Leistungssport, denn dem kann ich gar nichts abgewinnen. Sportlich aber in dem Sinn, dass ich mich viel bewege und dass ich es gewaltig vermisse, wenn ich mal ein paar Tage nur am Schreibtisch verbringen muss. Dann fangen die Füße an zu jucken.
aiL | Wie bereiten Sie sich auf die Touren vor?
Dieter Buck | Da ich ja meist ein bestimmtes Thema oder Gegend für ein Buch habe, sind die Möglichkeiten doch etwas eingeschränkt. Dann schaue ich auf der Karte nach, wo eine Wanderung den meisten Genuss im Zielgebiet verspricht. Wenn man sich im Kartenlesen etwas auskennt, kann man sich da schon ein recht gutes Bild einer Tour machen.
Wenn ich jedoch, ohne irgendwelche Vorgaben, unterwegs bin, dann überlege ich, wo ich schon lange nicht mehr war. Und wenn ich dann das Zielgebiet festgelegt habe, geht das Festlegen einer Wanderstrecke relativ schnell. Länger als maximal 30 Minuten brauche ich da nicht. Vor allem da ich weiß, dass ich unterwegs doch manchmal den Wegverlauf noch ändere. So mache ich mir nur ein Grobkonzept.
aiL | Was ist das Schöne am Wandern für Sie? Die Einsamkeit oder ist es Ihnen wichtig zu plaudern?
Dieter Buck | Eher das ruhige, fast meditative Wandern, dass sich schon nach wenigen Minuten einstellt. Ab und zu ist es aber auch ganz nett, jemand zum Gedankenaustausch dabei zu haben.
aiL | Was sind für Sie die schönsten Wandertouren in Baden-Würt–
temberg?
Dieter Buck | Diese Frage, also die nach den schönsten Touren, ist fast nicht zu beantworten. Da ich schon im ganzen Land unterwegs war und Bücher vom Odenwald bis zum Bodensee, vom Schwarzwald bis nach Oberschwaben gemacht habe, weiß ich, dass es überall wunderschöne Ecken gibt. Und überall auch hässliche. Egal wo man hingeht, man muss sich schon genau überlegen, was man macht. Das aber lohnt sich überall. Das Schöne ist aber, dass es überall zwar schön sein kann, aber alle Landschaftstypen zum Teil grundverschieden sind. Ob es so ein abwechslungsreiches Bundesland sonst noch gibt, wage ich zu bezweifeln.
Etwas Besonderes sind die Premiumwanderwege, von denen es mittlerweile ja viele gibt. Da sie genau vorausgeplant sind, weiß man, dass sie wirklich premium vom ersten bis zum letzten Meter sind: Sehr abwechslungsreich, viele Besonderheiten und Attraktionen wie Ausblicke, Felsen, Burgen, Bäche, Wasserfälle etc. unterwegs, ein Wegverlauf vor allem auf Naturwegen. Genau das, worauf ich auch selbst immer achte. Diese Kriterien kann man allerdings nicht überall zu Grunde legen. Es ist was anderes, ob ich in einem wilden und unberührten Schwarzwaldteil wandere oder in einer Gegend mit Weinbau oder vielen Feldern. Dort verlaufen die Wanderwege naturgemäß doch eher auf festen Wegen.
aiL | Sie wandern nicht nur in Baden-Württemberg, sondern auch in Österreich und im Allgäu.
Dieter Buck | Die alpine Landschaft ist zum einen gewaltiger. Zudem liefert sie Landschaftseindrücke und –erlebnisse, die unsere Mittelgebirge nicht bieten können. Das Schönste daran ist aber die Abwechslung: Wer die meiste Zeit des Jahres in Baden-Württemberg (oder sonstwo in Deutschland) unterwegs ist, genießt das Gewaltige der Alpen, aber auch das Fremdartige in der Kultur, beim Hausbau etc. bei einem Aufenthalt dort besonders. Und wenn man dann wieder daheim ist, weiß man die heimischen Wanderwege auch wieder zu schätzen.
aiL | Sie schreiben über Ihre Wanderungen. Worauf achten Sie bei Ihren Tourenbeschreibungen besonders?
Dieter Buck | Vor allem müssen die Beschreibungen genau sein, so dass der Leser unterwegs kein Problem mit dem Wegverlauf hat. Das hört sich zwar einfach an, ist es aber nicht immer. Manchmal ist der Wegverlauf, insbesondere auf Pfaden, recht kompliziert und kaum in Worte zu fassen, manchmal ist ein Wegverlauf für einen selbst eigentlich so logisch und selbsterklärend, dass man meint, hier keine großen Worte verlieren zu müssen. Jemand der der Beschreibung folgt, hat dann aber vielleicht doch Schwierigkeiten.
Außerdem bemühe ich mich, alle Besonderheiten und Sehenswürdigkeiten unterwegs zumindest kurz zu erklären. So etwas macht ja gerade den Reiz einer Wanderung aus. Dies aber mit der gebotenen Kürze — man hat ja immer den geplanten Buchumfang im Hinterkopf – zustande zu bringen, bringt einen manchmal doch in die Zwickmühle.
aiL | Was gefällt Ihnen beim Wandern am besten? Wälder, Schluchten, Wasserfälle? Oder lockt Sie lieber die Fernsicht?
Dieter Buck | Da habe ich keine besonderen Vorlieben. Wichtig ist die Abwechslung. Spätestens nach dem dritten Wasserfall, der dritten Burgruine oder dem dritten Aussichtspunkt auf derselben Tour beginnt es zur Gewohnheit und eher langweilig zu werden. Dann ist es schön, wenn eine andere Attraktion folgt.
aiL | Lange Zeit galt das Wandern als verpönt. Wie ist es dazu gekommen, dass das Wandern im Trend liegt?
Dieter Buck | Wandern war eine Zeit lang fast verpönt, eine Beschäftigung älterer Leute. Warum sich der Trend auf einmal umgedreht hat, da gibt es – so viel ich weiß – keine Erklärung. Ich habe auch keine. Das ist halt wie mit der Mode oder bestimmten Modesportarten. Auf einmal sind sie da, und wenn sie sich eingebürgert haben, dann werden sie langweilig und es folgt was anderes. Insofern wird der Trend zum Wandern vielleicht auch irgendwann – ich hoffe das dauert noch lange – zurückgehen. Für einen Mode–
trend oder Modesportart hat sich das Wandern ohnehin schon recht lange gehalten. Was für diese Art der Freizeitbeschäftigung spricht. Es wachsen ja auch immer neue Generationen nach. Und bei der Technisierung des Alltags und dem für manche doch eher eintönigen, wenn auch stressigen Tagesablauf, lockt der Aufenthalt und die Bewegung in der Natur besonders. Insofern glaube ich, dass der Wandertrend noch lange anhalten wird.
aiL | Sie haben ein Buch geschrieben für Wanderer, die sich mit den Touren schwer tun: Wandern für Wandermuffel“. Wie ist es dazu gekommen?
Dieter Buck | Das hat sich so entwickelt. Zuerst habe ich nur Wanderführer geschrieben. Dann haben der Silberburg-Verlag und ich das Konzept der Spaziergangsführer entwickelt, weil wir gesagt haben, nicht jeder kann oder will wandern oder hat die Zeit oder die Kondition für eine Wanderung. Was es aber überhaupt noch nicht gibt, das sind Anregungen und Vorschläge für Spaziergänge. Und so haben wir Spaziergangsführer gemacht. Später dann Bücher mit Wanderungen und Spaziergängen. Der Erfolg dieser Bücher hat unseren Überlegungen Recht gegeben.
aiL | Sie haben vermutlich jeden Flecken im Ländle erwandert. Ist das so etwas wie eine Expedition in die Heimat für Sie?
Dieter Buck | Kann man so sagen. Wenn ich irgendwo unterwegs bin, wo ich noch nie war, ist das für mich dasselbe Neuland und mitsamt den Attraktionen genauso interessant wie wenn ich irgendwo in den Alpen oder sonst wo zum ersten Mal unterwegs bin.
aiL | Sie wohnen auf der Rohrer Höhe. Was sind Ihre Lieblingsstrecker direkt vor der Haustüre? Zum Bärensee?
Dieter Buck | Die Stuttgarter Seenplatte war für mich als Kind schon mit dem Fahrrad meine Lieblingsgegend. Gehört heute noch dazu. Was ich dann später für mich gefunden habe, sind die Weinberge entlang des Neckars, Stichworte Uhlbach, Rotenberg etc. Insbesondere im Herbst, wenn das Weinlaub bunt ist und darüber ein tiefblauer Himmel strahlt, ist das ein Traum. Leider aber sind die Wälder um diese Zeit genauso bunt und verlockend. Da fällt die Wahl dann schwer.
aiL | Welche Touren haben Sie sich für das Frühjahr überlegt?
Dieter Buck | Wie immer bin ich für verschiedene Bücher unterwegs. Mehr möchte ich nicht verraten. Aber im Programm des Silberburg-Verlages 2018 werden sie zu finden sein. Dazu kommen verschiedene Wanderungen und Radtouren für die Wochenendausgaben der Stuttgarter Zeitung bzw. Stuttgarter Nachrichten und deren angeschlossene Zeitungen. Dafür bin ich dann im ganzen Ländle unterwegs. Das entscheide ich aber spontan, oft nach Anhören des Wetterberichts. Wie oft ist es so, dass es im Norden regnet und im Süden die Sonne scheint. Oder umgekehrt.
aiL | Vielen Dank für das Gespräch und noch viele fröhliche Wanderungen.
Interview: Stefan Raab
Foto: Dieter Buck